UNSERE GROSSE ALTE DAME „OLIVIA” HAT UNS VERLASSEN….

...ihr fast 11jähriges Herz war - nachdem es so lange Zeit klaglos und fehlerfrei gearbeitet hat - wohl einfach müde.

Am Sonntag war noch alles ganz in Ordnung: Olivia hat mit gutem Appetit noch ihr Abendessen gegessen und es war alles wie immer. Am Montag morgen ging es ihr schlecht : Sie bekam schlecht Luft und ihr Herz raste. Als sie auch keinen Bissen vom Frühstück anrührte, war uns klar, wie ernst es steht und unsere Freundin Ute war innerhalb einer halben Stunde da, um sie zu untersuchen. Sie bekam noch ein Kreislaufmittel gespritzt, aber Ute machte uns nicht viel Hoffnung - sie sagte uns, dass es besser sei, Olivia gehen zu lassen, wenn sich ihr Zustand nicht innerhalb weniger Stunden bessern würde...

Wir mussten die schwerste aller Entscheidungen treffen - am Mittag haben wir Ute angerufen, damit sie kommt, um Olivia einschlafen zu lassen - es ging ihr nicht besser, eher im Gegenteil.

Olivia schlief ganz ruhig und friedlich in unseren Armen, im Kreis ihrer Kinder, Enkel und Urenkel ein - in der Umgebung, die für sie ein Leben lang Sicherheit, Geborgenheit und Zufriedenheit bedeutete!

Den ganzen Tag über gingen uns immer wieder Erinnerungen an Olivia durch den Kopf - kleine Geschichten und Anekdoten, in denen sie die Hauptrolle spielt... So kam die Idee auf, sozusagen Olivia’s „Biographie“ zu schreiben - ihr zur Erinnerung und uns, um durchs Aufschreiben unsere Trauer um sie zu verarbeiten...

Also - wenn Sie mögen : Hier geht’s zu Olivia’s Leben

„Olivia vom Welzerberg“ kam im Alter von 10 Wochen in unser Hunde-Team, das damals aus dem 10jährigen Boxer „Mogli“ und dem 1/2jährigen Deerhound „Jaris“ bestand. Der junge Jaris wurde für den schon älteren Mogli zu lebhaft - Mogli brauchte Unterstützung, so glaubten wir. Mogli allerdings sah das völlig anders : Vom ersten Moment an brummte er Olivia an, sobald sie ihm nahe kam! Er war wirklich ausgesprochen unfreundlich und unhöflich, wenn er ihr auch nie etwas getan hat. Ganz anders dagegen Jaris : Er war von Anfang an genauso begeistert von Olivia, wie Mogli sie zum Teufel wünschte ;-))

Olivia klärte die Situation mit Mogli auf ihre Weise (die wir ihr vorher nie zugetraut hätten) : Als sie zarte 7 Monate alt war, nahm sie auf einem Spaziergang, als Mogli sie mal wieder „anmotzte“, ihn „zur Brust“ - sie packte ihn im Nacken, hielt ihn kurz hoch und demonstrierte ihm so, wie groß und stark sie schon sei - von Stund’ an war Ruhe... Mogli war sichtlich beeindruckt und knurrte sie n i e wieder an - er umging Olivia ab da sehr weiträumig ;-)) Und Olivia hat sich niemals wieder irgendwem gegenüber zu solcher Machtdemonstration hinreißen lassen!

Olivia und Jaris wuchsen zu einem immer mehr zusammen - sie tobten und spielten miteinander und einer war immer da, wo der andere sich aufhielt - ein tolles Team :

Susanne Ottofülling - Olivia’s Züchterin - wollte Olivia eigentlich für sich behalten und ich bekam sie nur unter der Bedingung, dass sie einmal Welpen haben würde. So wurden also alle nötigen Schritte in Angriff genommen, die erforderlich sind, um einen Zwinger anzumelden und die Hündin ankören zu lassen.

Die entsprechenden Zuchtschau-Bewertungen mit Olivia zu bekommen, war überhaupt kein Problem : Olivia war ein ganz korrekter Hund mit vollständigem Scherengebiss und von sehr gutem Typ. Sie war nie ein „Glamour-Girl“ - Ausstellungen fand sie so prickelnd nicht, sondern ließ sie mehr über sich ergehen.

Allerdings war Olivia sozusagen wie ein guter Wein : Sie wurde immer besser, je älter sie wurde! Und so verwundert es auch nicht, dass sie ihre schönsten Ausstellungserfolge hatte, als sie schon in der Veteranenklasse (Hunde ab vollendetem 8. Lebensjahr) startete - zuletzt zeigten wir sie noch in diesem Jahr anlässlich der Irish Wolfhound-Jahresausstellung in Solingen am 1. Juni 2002 und sie wurde dort „Bester Veteran“ (und das, obwohl sie schon 10 ½ Jahre alt war und die Konkurrenz in dieser Klasse fast 2 Jahre jünger war als sie!).

Aber zurück ins Jahr 1995 : Das ist nämlich das Jahr, in dem Olivia ihre langersehnten Welpen bekam! Sie hatte einen großen Wurf : 11 Kinder! Ein gutes Stück Arbeit für die Mutter - aber sie meisterte diese Aufgabe, als hätte sie nie etwas anderes getan! Sie war eine fantastische Mutter und so umsichtig, wie man sich das nur wünschen kann. Ein großes Risiko während der ca. ersten zwei Wochen im Leben der Welpen ist ja, dass ihre Mutter sehr schwer ist und dass sie durch eine unbedachte Bewegung oder ein ungeschicktes Umdrehen in der Wurfkiste einen Welpe unter Umständen verletzen kann. Hier brauchten wir uns bei Olivia überhaupt keine Sorgen zu machen : Ehe sie sich hinlegte, vergewisserte sie sich erst ganz sorgfältig, dass auch wirklich kein Welpe zu Schaden kommen könnte - es war wirklich ein Genuss, ihre umsichtige Vorgehensweise mit anzusehen. Olivia versorgte ihre Kinder mustergültig und war in der ersten Woche nur mit Mühe zu überreden, doch auch einmal nach draußen zu gehen.

Aus diesem Wurf - dem A-Wurf des Zwingers „von den Erzminen“ - blieben 2 Töchter bei uns : Amber und Amaryllis.

Eine besonders schöne Geschichte fällt mir ein, wenn ich daran denke, wie Amber dann ihren ersten Wurf Welpen hatte:

Olivia war zeitgleich mit Amber heiß gewesen und sie war, als Ambers Welpen zur Welt kamen, selbst ein wenig „scheinschwanger“ und hatte etwas Sehnsucht nach Kindern. Sie wusste sich zu helfen : Wann immer Amber einmal kurz die Wurfkiste (in der sich 12 Welpen von ihr tummelten) verließ - sofort war Olivia zur Stelle und legte sich zu den Kleinen - sie versuchte einfach, ihre Enkelkinder als ihre Kinder zu adoptieren...;-))) Zum Glück war das Verhältnis zwischen Olivia und Amber so gut, dass Amber ihr den Übergriff nicht übelnahm - einmal kam ich sogar dazu, wie beide Hündinnen sich die Wurfkiste mit den Kindern teilten...das allerdings war ein bisschen eng und ich gab daraufhin immer 2 Kinder aus dem reichen Kindersegen zu Olivia, damit sie etwas zum Bemuttern hatte. Ich traute meinen Augen kaum, als sie nach ein paar Tagen tatsächlich Milch hatte und sich nun wirklich voll mit in die Kinderaufzucht mit einbrachte ;-))

Aber immer noch bevorzugte sie es, sich in die mit Kindern wohlgefüllte Wurfkiste zu schleichen, wenn Mutter nicht da war - geradeso, als sei ihr nur ein ganzer Schwung Kinder wirklich genug - wenn sie eine Gelegenheit hatte, sich um 10 zu kümmern, dann ließ sie ihre beiden Leihkinder schmählich allein...;-)))

Olivia hatte Prinzipien, an denen sie ihr Leben lang eisern festhielt :

1. Es ist wichtig, sich regelmäßig zu ernähren und man bestehe daher auf pünktlichen 2 Mahlzeiten
pro Tag!

2. Bewegung ist wichtig und man erinnere gegen Mittag daran, dass der alltägliche Spaziergang
fällig ist!

3. Ein anständiger Hund verrichtet seine Geschäfte - egal ob klein oder groß - nicht in unmittelbarer Nähe des Hauses, daher bestehe man darauf, jeweils in den großen Garten gelassen zu werden!

Bei diesen Punkten ließ sie nicht mit sich handeln - und was die pünktlichen Mahlzeiten betrifft, so bestand sie darauf umso deutlicher, je älter sie wurde (diesbezüglich scheinen sich Hunde kaum vom Menschen zu unterscheiden...;-)) )

Auch hinsichtlich des täglichen Spazierganges kannte sie kein Pardon - der musste sein und kein Laufen und Toben auf der eigenen (immerhin 5.000 qm großen) Wiese konnte ihn ersetzen! Schon deswegen nicht, weil sie es wunderbar fand, sich in dem kleinen Fluss, an dem wir jeweils entlang gingen, abzukühlen. Nicht etwa, dass sie schwimmen wollte - sooooviel Wasser auf einmal musste nun doch nicht sein... Nein - sie hatte ihre ganz eigene Technik entwickelt, sich einmal kurz im Wasser hinzulegen - es erinnerte lebhaft an eine Dame im Badekleid um die Jahrhundertwende, die kurz im Wasser eintaucht...;-))

Olivia liebte es, wenn sie mit durfte - egal wohin. Man konnte mit ihr durch die Kölner Innenstadt marschieren, auf den Bahnsteig im Hauptbahnhof oder was auch immer : Sie hatte Nerven wie Drahtseile und es erschütterte sie nichts.

Ganz besonders schätzte sie es, wenn ich sie mit zu Susanne Ottofülling nahm - hier fand sie es immer ganz besonders schön und spannend und sie konnte gar nicht genug die altvertrauten Gerüche aufnehmen. Auch wenn ich von dort kam, wurde ich von Olivia immer ganz besonders intensiv abgeschnuffelt ;-)))

Wenn Olivia sich ganz besonders freute, dann konnte man das sehr gut an ihrem Schwanz ablesen, den sie bei solchen Gelegenheiten geradezu propellermäßig drehte - fast bekam man Angst, sie würde jeden Moment abheben...;-))) Überhaupt war Olivia ein ausgesprochen fröhlicher, gut aufgelegter Hund - ich habe sie nie wirklich schlecht gelaunt erlebt, sondern sie stand dem täglichen Leben immer positiv gegenüber.

Sie konnte bis zuletzt noch richtig „albern“ sein - beim Spaziergang, indem sie ein paar Extrahüpfer einfügte, wenn sie besonders gut drauf war und im Haus, wenn sie sich auf dem Boden herumwälzte und wohlig brummte und uns dabei auffordernd anbellte...;-))

Olivia hat es übrigens durch 2 Fernsehauftritte fast zu Weltruhm gebracht !

Zunächst trat sie in der Samstagabend-Fernsehshow „Schmidteinander“ mit Harald Schmidt und Herbert Feuerstein auf : In Feuerstein’s Phantasie verwandelt sich Schmidt in einen Wolfshund, der plötzlich statt Schmidt auf dem schwarzen Drehstuhl saß...J Zuhause hatten wir das Sitzen auf einem Stuhl einige Tage geübt - allerdings war das kein Drehstuhl! Trotzdem meisterte Olivia diese Aufgabe im heißen Scheinwerferlicht mit Bravour!

Das andere Mal wirkte Olivia in einer Tiersendung mit, in der es um Impfungen ging.

Von beiden Fernseh-Events gibt es natürlich Video-Aufnahmen, die sorgsam gehütet werden und die wir nun als sehr willkommene zusätzliche Erinnerung an unsere Lady haben...

Im Familienverband genoss Olivia immer uneingeschränkten Respekt, was auch nie von einem der anderen Hunde je in Frage gestellt wurde. Sie hatte es nie nötig, ihre Autorität unter Beweis zu stellen - es gab einfach gar keinen Zweifel daran!

Je älter Olivia wurde, umso mehr wurde sie natürlich auch verwöhnt und hatte kleine Sonderrechte (die ihr auch sehr bewusst waren!). So bekam sie am Ende einer jeden Mahlzeit einen Bissen ab - sie wäre nie auf den Gedanken gekommen, nun das Betteln bei Tisch anzufangen - sie wartete ganz einfach sehr ruhig ab, bis sie an der Reihe war, denn sie wusste um ihr Recht und hatte keinerlei Zweifel, dass man ihr geben würde, was ihr zusteht ;-))

Olivia war in jeder Hinsicht einfach DER Irish Wolfhound - ihr Wesen verkörperte all das, was man von dieser Rasse erwartet : Sie war souverän, selbstsicher, sanft, tolerant, umsichtig und liebevoll! Sie war ganz einfach ein rundum toller, phantastischer Hund...ohne sie sind wir ärmer geworden! Es tröstet uns nur, dass sie ihr Wesen an ihre Kinder weitergegeben hat und dass so ein Stück von ihr in ihren Kindern, Enkeln und Urenkeln weiterlebt. Wir sind dankbar, dass wir diesen wunderbaren Hund so lange Zeit haben durften!

Wir werden Dich nie vergessen, Olivia - ganz fest wirst Du immer in unseren Herzen weiterleben....

Ein „Olivia-Porträt“, gezeichnet von
D.K. Benkwitz im Jahr 2002